Paul Gerhardt zählt zu den bedeutendsten deutschsprachigen Kirchenlieddichtern.
Seine Lieder wurden schon zu seinen Lebzeiten gerne gesungen und von den über 130 Kirchenliedern haben immer noch 27 ihren festen Platz in unserem Reformierten Kirchengesangsbuch (Schweizer Ausgabe1998).
In diesem Blogbeitrag und einer beigefügten Predigt (siehe unten) erfahren Sie mehr über Paul Gerhardt und seine beeindruckenden Werke.
Leben und Lieder von Paul Gerhardt (1607-1676)
Die Lieddichtung des evangelisch-lutherischen Theologen Paul Gerhardt muss wohl ein Geheimnis in sich bergen, dass diese seit ihrem Entstehen annähernd vier Jahrhunderte lang unzähligen Menschen Kraft, Trost und Lebensmut spenden konnten!
So schreibt u.a. Rudolf Alexander Schröder (1878-1962): «Es ist mir, als ginge die Sonne auf, wenn der Name in mein Gedächtnis tritt». Oder Dietrich Bonhoeffer (1906-1945) im Tegeler Gefängnis: «(...) ausserdem habe ich zum ersten Mal in diesen Tagen das Lied Ich steh an Deiner Krippen hier für mich entdeckt. Ich hatte mir bisher nicht viel daraus gemacht. Man muss wohl lange allein sein und es meditierend lesen, um es aufnehmen zu können. Es ist in jedem Wort ganz ausserordentlich gefüllt und schön (...)» *
In einer Gesamtausgabe Paul Gerhardts Lieder** heisst es: «Es weht dem einfachen Menschen, wie dem, der auf sogenannter höherer geistiger Ebene steht, aus Paul Gerhardts Dichtkunst der Atem edelster menschlicher Gesinnung entgegen, reiner Nächstenliebe, tiefer, unbefangener Frömmigkeit und Gottesfurcht. (...) Und das, was der Dichter ausspricht, sagt er mit einfachen Worten, aber in schönen Sätzen und Versen, sagt es ungekünstelt, aber geformt von Adel der Kunst. Gerhardt ist einer der Begnadeten, in dessen Werk Schlichtheit des Inhalts und Reife der Form sich vereinigen, der ein grosser Dichter wurde, wahrscheinlich ohne sich dessen bewusst zu sein, und der infolgedessen auch nicht den Ehrgeiz hatte, als ein solcher zu glänzen, der nie mehr hervorbringen wollte, als ihm geschenkt wurde, der aber zur rechten Stunde, wenn der Engel sein Herz rührte, zur Feder griff, sich selber Trost zuzusprechen, sich frei zu machen von dem, was seine Seele anfocht, um damit Unzähligen nach ihm Trost und Frieden zu geben.»
Quellen:
*Reinhard Ellsel: Du kommst und machst mich gross, Luther Verlag
**Paul Gerhardt: Wach auf, mein Herz und singe, Onken Verlag
«Geh aus, mein Herz und suche Freud!»
Charlotte Mason über Poesie
«Die Poesie ist vielleicht der vertraulichste unserer Lehrer. Sie rüstet uns für die Gestaltung unseres Lebens aus, und den Gebrauch dieses Werkzeuges müssen wir uns selbst aneignen. Die Zeile, die uns beim Lesen auffällt, die in unseren Gedanken immer wiederkehrt, die uns in bestimmten Momenten vor uns hinsagen - das ist die Zeile, die unser Leben beeinflusst.»
«Die Poesie schenkt uns eine Vorstellung, ein Bild von wahrer Lieblichkeit. Für einen Augenblick werden wir uns der erstaunlichen Zartheit der Farben in Blüten und Blättern und Erde und Meer und Himmel bewusst; wir werden der Feinheit der Formen von Bäumen, Pflanzen, Hügeln und Flüssen, Tieren und Vögeln, Wolken und Landschaften gewahr, ja, sehen gar die faszinierenden Bewegungen von Wasser und Wind, aller sich bewegenden Dinge vor uns.»
Paul Gerhardts Dichtkunst ist reich an Bildern, ausdrucksstark und inspirierend.
Verlassen wir für eine kurze Zeit unsere digitalisierte und unruhige Welt und folgen der Aufforderung eines seiner bekanntesten Kirchenlieder: «Geh aus, mein Herz, und suche Freud»!
Ein Dank gilt Pfr. Martin Breitenfeldt für das zur Verfügung stellen seiner eindrücklichen kürzlich gehaltenen Predigt, die in das Leben Paul Gerhardts einführen und das Lied Geh aus mein Herz zugänglich zu machen vermag:
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