Blütenmeer - eine Unterrichtslektion
- Katrin Bohnacker
- 4. Mai 2022
- 3 Min. Lesezeit
Die bildnerische Gestaltung wird wesentlich vom Umgang mit Material und Werkzeug beeinflusst. Jedes Material und jedes Werkzeug hat seine Eigenschaft und Anwendungsart, sodass es wichtig ist, mit diesen vertraut zu werden. Da gilt es das Zeichnen mit Bleistift, Farbstift, Wasserfarben und Pinsel, Öl- und Wachskreiden, Kohlestift und verschiedenen Papieren zu entdecken und anzuwenden.
Katrin Bohnacker(1) aus Dresden hat mit Kindern in einem Ferienkurs mit verschiedenen künstlerischen Materialien Kirschbaumzweige gemalt. (Thema: Malen wie im alten Japan-blühende Kirschbaumzweige, Rollbild).
Benötigte Materialien
Grauer Zeichenkarton, Ingres, Din A4
Metallic-Acrylfarbe in Gold
Weiche Haarpinsel, verschiedene Stärken, Wattestäbchen
Bleistift
Packpapierstreifen b =30cm, l=40cm (mindestens)
gemusterte Stoffstreifen in derselben Breite
Kleber
Stempel und -kissen
Holzstäbe, mind. 30 cm
Dickes Stickgarn
Temperafarben in weiss, rot, grün, braun, Tusche schwarz und braun
Anleitung
Einen verzweigten, blühenden Kirschbaumzweig in die Mitte stellen
Mit den Kindern das Bild „Blühender Kirschbaum auf Goldgrund“(2) betrachten. Verschiedenes besprechen, wie Material und Größe des Bildes, die „Einfachheit“, die Wertschätzung in der japanischen Kultur für diese Bäume, so dass blühende Zweige auf vielen Kunstwerken und Gegenständen dargestellt werden, wie auf Bildern, Vasen, Lackdosen und auch Stoffen. (Picture Study in Anlehnung an Charlotte Mason Methodik)
Mit breiten Pinseln die Kinder ihren Goldgrund malen lassen, sie können tupfen, streichen mit parallelen Strichen und es bleibt auch ihnen überlassen, ob sie ganz deckend malen oder durchscheinend. So wie sie es schön finden. (Auch für mich selbst war es ein besonderes, befriedigendes, fast feierliches Gefühl, ein graues schönes Papier noch schöner, kostbarer zu machen durch das Vergolden.)
Die Kinder können auch mehrere Goldgründe herstellen.
Trocknen lassen.
Den bereitgestellten Kirschbaumzweig zusammen eingehend betrachten. Jedem Kind in die Hand geben.
Ein Kind erzählt, was es entdeckt hat, z.B. an Farben und Formen und Materialien, Sinn etc., danach ergänzen die anderen Kinder (Nature Study: Narration in Anlehnung an Charlotte Mason Methodik).
Temperafarben mischen lassen, z.B. zu ganz leichten Rosatönen. Für den Ast, bzw. Stamm, Tusche mit brauner Tempera mischen.
Evtl. einfache, feine Bleistiftskizze auf den Goldgrund.
Malen und Tupfen mit Wattestäbchen.
Die getrockneten Bilder auf die Packpapierstreifen kleben, mit geklebten Stoffstreifen und Stempel-“Signaturen“ ergänzen. Die Länge der Packpapiere nach Wunsch der Kinder zuschneiden. (Wir verwendeten vorhandene Buchstaben- und Musterstempel. Man kann natürlich auch eigene Stempel-Siegel herstellen.)
Am oberen Rand im Packpapier den Stab einrollen und festkleben oder tackern.
Die Kinder mit Stickgarn lange 4-fache Kordeln drehen lassen.
Kordeln an die Stabenden knoten.
Aufhängen; schwebend oder an der Wand.



"Lass das Auge", sagt Ruskin, "während eines Gesprächs mit einem Freund nur auf einem groben Stück Zweig von seltsamer Form ruhen, wie unbewusst auch immer. Und wenn das Gespräch vergessen wird, wenn jeder Umstand, der damit zusammenhängt, dem Gedächtnis so völlig verloren geht, als ob es nicht gewesen wäre, so wird das Auge doch durch das ganze weitere Leben hindurch ein gewisses Vergnügen an solchen Zweigen haben, das es vorher nicht hatte, ein Vergnügen, das so gering ist, eine Spur von Gefühl, die so zart ist, dass wir uns ihrer besonderen Kraft gar nicht bewusst sind, die aber durch keine Überlegung zerstört werden kann und von da an ein Teil unseres Seins ist."
Das ist es, was wir Kindern beibringen wollen, wenn wir ihnen das Zeichnen beibringen, das Auge zu veranlassen, nicht unbewusst, sondern bewusst auf einem Gegenstand der Schönheit zu ruhen, der in ihrem Geist ein Bild der Freude für ihr ganzes weiteres Leben hinterlassen wird. Kinder im Alter von sechs und sieben Jahren zeichnen knospende Zweige von Eiche und Esche, Buche und Lärche mit einer so zarten Treue zu Farbe, Ton und Struktur, dass die rohen kleinen Zeichnungen an sich schon etwas Schönes sind. (Charlotte Mason: Home Education)
(1) Katrin Bohnacker , 1966 in eine lesefreudige Bauernfamilie in Schwaben geboren, Ausbildung zur Töpferin im Südschwarzwald und Studium der Freien Kunst in Hessen, Verheiratet, 2 Kinder. Seit 2007 Leben und Arbeiten als Keramikerin und Kursleiterin in Dresden, u.a. mit Kindern "Keramik und Geschichten"
(2) Hara Zaimei „Blühender Kirschbaum auf Goldgrund“ späte Edo-Zeit, Anfang 19.Jh.
174 x 374,4cm, Tusche und Gold auf Papier, Musée National des Arts Asiatiques Guimet, Paris.
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